(E. 4.3.2) Mehrheitlich wird in der Lehre die Auffassung vertreten, der Entscheid über die Zulassung der Streitverkündungsklage sei eine (qualifizierte, da von Gesetzes wegen der Beschwerde unterstellte) prozessleitende Verfügung i.S.v. Art. 124 und Art. 319 lit. b ZPO. Das Zulassungsverfahren ist von seinem Gegenstand her auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob zwischen der Haupt- und der Streitverkündungsklage ein sachlicher Zusammenhang besteht. Weshalb der Entscheid, die Streitverkündungsklage zuzulassen, trotzdem ein Zwischenentscheid sein soll, dem hinsichtlich der Eintretensfrage (auch mit Bezug auf eine allenfalls erforderliche Bezifferung) eine für den eigentlichen Streitverkündungsprozess bindende Wirkung zukommt, ist der Literatur nicht zu entnehmen. Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Streitverkündungskläger sein Begehren (nach heute oder dereinst geltenden Regeln) schon im Zulassungsgesuch beziffern muss, ändert nichts an der beschriebenen Eigenart des inzidenten Zulassungsverfahrens. Die sachliche Konnexität zwischen der Haupt- und der Streitverkündungsklage, um die sich das Zulassungsverfahren von der Sache her dreht, hängt nicht davon ab, dass die streitverkündende Partei ihr Begehren von Anfang an beziffert. Der Zulassungsentscheid i.S.v. Art. 82 Abs. 4 ZPO betrifft nicht den Streitgegenstand, sondern den Ablauf und die Gestaltung des Prozesses. Damit im Einklang stehen nicht nur die beschriebenen (reduzierten) Anforderungen an die Begründung des Zulassungsgesuchs (E. 4.3.1), sondern auch die in Art. 82 Abs. 4 ZPO enthaltene Vorschrift, wonach der Zulassungsentscheid nicht berufungsfähig, sondern mit Beschwerde (Art. 319 ff. ZPO) anfechtbar ist. (E. 4.3.3) Im vorliegenden Fall wurde die Streitverkündungsklage im Berufungsentscheid zum ersten Mal überhaupt beurteilt. Die Bezifferung der Anträge gehört, soweit sie erforderlich ist (Art. 84 Abs. 2 ZPO), zu den allgemeinen Prozessvoraussetzungen, die das Gericht von Amtes wegen prüft (Art. 60 ZPO; BGE 142 III 102 E. 3). Angesichts dieser Rechtslage war das Kantonsgericht allein aufgrund der Zulassung der Streitverkündungsklage durch das Bezirksgericht auch unter vertrauenstheoretischen Überlegungen nicht gezwungen, über das Erfordernis der Bezifferung hinwegzusehen und sich auf allezeit mit einem unbezifferten Rechtsbegehren zufrieden zu geben.
2020-N21 Streitverkündungsklage: Der Entscheid, mit dem das Gesuch zugelassen wird, präjudiziert die Zulässigkeit der Klage nicht
Bem. F. Bastons Bulletti
1 In einem gegen ihn gerichteten Haftpflichtprozess reicht der ehemalige Beistand eines Mündels eine Streitverkündungsklage gegen den Anwalt und Notar ein, den er im Rahmen des vorgeworfenen Geschäfts beauftragt hat. In der Streitverkündungsklageschrift beziffert er seine Rechtsbegehren nicht. Das Gericht erklärt diese Klage für zulässig, dann wird der Schriftenwechsel angeordnet, gefolgt von einem Beweisverfahren. Das Gericht weist dann die Hauptklage ab. Die Berufung des Hauptklägers wird jedoch gutgeheissen, und die Sache wird an das Gericht zurückgewiesen, das diese Klage erneut abweist. Erneut legt der Hauptkläger Berufung ein, und erneut wird seine Berufung gutgeheissen. Diesmal entscheidet das Kantonsgericht reformatorisch und heisst die Hauptklage gut. Es erklärt zudem die Streitverkündungsklage mangels bezifferter Rechtsbegehren für unzulässig. Der Beklagte im Hauptverfahren und Streitverkündungskläger reicht erfolglos Beschwerde beim Bundesgericht ein.
2 Er macht einerseits geltend, es handle sich beim Entscheid über die Zulassung der Streitverkündungsklage um einen Zwischenentscheid i.S.v. Art. 237 ZPO; da dieser Entscheid unangefochten geblieben war, sei er sowohl für das Kantonsgericht als auch für das erstinstanzliche Gericht bindend, sodass seine Streitverkündungsklage nicht mehr für unzulässig erklärt werden könne. Andererseits rügt er, dass der Nichteintretensentscheid über seine Klage in der Berufungsphase erging, und beruft sich dabei auf den Schutz seines Vertrauens.
3 Das erste Argument bezieht sich auf die Unterscheidung zwischen einem Zwischenentscheid und einer prozessleitenden Verfügung (auch als „Inzidenzentscheid“ bezeichnet, vgl. dazu Anm. unter Art. 237 Abs. 1, A. und unter Art. 319 lit. b, A.1.). Diese Unterscheidung ist nicht immer einfach: Denn sowohl der eine wie der andere dieser Entscheide beendet den Prozess nicht (im Gegensatz zu einem End- oder Teilentscheid, vgl. Art. 236). Der Zwischenentscheid weist jedoch die Besonderheit auf, dass ein zu dessen Dispositiv im Widerspruch stehender Entscheid das Verfahren beenden würde (Art. 237 Abs. 1 ZPO); m.a.W. hängt die Fortsetzung des Verfahrens von seinem Dispositiv ab. Hingegen kann ein Inzidenzentscheid (prozessleitende Verfügung, z.B. über eine Fristverlängerung, ein Kostenvorschuss usw.) das Verfahren unbesehen seines Dispositivs nicht beenden. Darüber hinaus bezieht sich der Zwischenentscheid auf den Streitgegenstand als solchen, indem er sachliche (z.B. das Schuldprinzip, die Verjährung usw.) oder verfahrensrechtliche (z.B. die Kompetenz des Gerichts, das Vorliegen einer gültigen Klagebewilligung usw.) Vorfragen regelt, während sich ein Inzidenzentscheid nur auf den Ablauf oder die Gestaltung des Verfahrens bezieht (d.h. auf die «Massnahmen, die ordentlicherweise zur Vorbereitung und raschen Führung des Zivilprozesses nötig sind», vgl. BGE 145 III 469 E. 3.2, Anm. unter Art. 319 lit. b, A.2., und in Newsletter 2019-N26, Nr. 7; auch BGer 5D_160/2014 vom 26.1.2015 E. 2.3-2.4, Anm. unter Art. 319 lit. b, A.1.). Die Unterscheidung mag zwar heikel sein, sie ist aber bedeutsam: Ein Zwischenentscheid muss sofort – je nach Streitwert – mit Berufung oder Beschwerde angefochten werden (Art. 237 Abs. 2 ZPO). Wird er nicht angefochten oder bestätigt, entfaltet der Zwischenentscheid Bindungswirkung in dem noch laufenden Verfahren (vgl. Anm. unter 237 Abs. 2, D., insb. BGer 4A_591/2015 vom 6.7.2016 E. 2.2 und 2.4–2.5). Er ist für das Gericht und die Rechtsmittelbehörde verbindlich; diese können die beurteilte Frage daher nicht mehr überprüfen. Indessen ist eine prozessleitende Verfügung höchstens mit Beschwerde und nur unter den Voraussetzungen von Art. 319 lit. b ZPO anfechtbar (d.h. wenn das Gesetz dieses Rechtsmittel vorsieht, oder wenn durch den Entscheid einen nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht); sonst kann sie nur mit dem Endentscheid angefochten werden, soweit sie sich auf das Dispositiv des Endentscheids ausgewirkt hat. Zudem kann eine prozessleitende Verfügung grundsätzlich so abgeändert werden, dass sie für den Richter in der Folge des Verfahrens nicht verbindlich ist (BGE 128 III 191 E. 4a, Anm. unter Art. 237 Abs. 1, A.). Wäre der Entscheid im vorliegenden Fall also als Zwischenentscheid zu bezeichnen gewesen, so wäre die Zulassung der Streitverkündungsklage für das Gericht ebenso wie für den Berufungsrichter im eigentlichen Streitverkündungsprozess verbindlich gewesen, und die Zulassung hätte nicht überprüft werden können. Handelte es sich hingegen nur um eine prozessleitende Verfügung, so waren das Gericht und der Berufungsrichter nicht daran gebunden.
4 Der BGer kommt zum Schluss, dass es sich beim Entscheid, die Streitverkündungsklage zuzulassen, nicht um einen Zwischenentscheid i.S.v. Art. 237 ZPO handelt, sondern um eine prozessleitende Verfügung. Denn das Zulassungsverfahren nach Art. 82 ZPO ist auf die Prüfung des sachlichen Zusammenhangs zwischen dem Anspruch des Streitverkündungsklägers gegen den Streitberufenen und dem vom Hauptkläger geltend gemachten Anspruch beschränkt. Zwar muss das Gesuch um Zulassung der Streitverkündungsklage die Prozessvoraussetzungen für die Zulässigkeit einer Klage erfüllen und deshalb insb. gegebenenfalls bezifferte Rechtsbegehren enthalten (Art. 82 Abs. 1, 2. Satz cum Art. 84 Abs. 2 ZPO; zit. BGE 142 III 102, E. 3 und 6), aber der Entscheid über den sachlichen Zusammenhang hängt nicht davon ab, ob diese Voraussetzung erfüllt ist oder nicht. Zudem betrifft der Entscheid über die Zulassung der Streitverkündungsklage angesichts seines Gegenstands nicht den Streitgegenstand, sondern den Ablauf und die Gestaltung des Verfahrens (was für eine prozessleitende Verfügung charakteristisch ist, vgl. oben N 3). Daraus folgt, dass ein nicht angefochtener Zulassungsentscheid (prozessleitende Verfügung) keine Bindungswirkung entfaltet. Daher kann (bzw. muss, Art. 60 ZPO) der Richter oder – wie im vorliegenden Fall – das Berufungsgericht noch die Zulässigkeit der Klage prüfen. Das Vorliegen bezifferter Rechtsbegehren stellt nun aber bei Klagen auf Bezahlung eines Geldbetrages eine Zulässigkeitsvoraussetzung dar (Art. 84 Abs. 2 ZPO), sodass der Richter bzw. das Berufungsgericht die Streitverkündungsklage für unzulässig erklären durfte, auch wenn das Gesuch im Rahmen der Prüfung nach Art. 82 ZPO für zulässig erklärt worden war.
5 Auf den ersten Blick mag das Urteil überraschen. Denn ein selbständiger Entscheid, mit dem die Zulässigkeit einer Klage anerkannt wird, stellt keine prozessleitende Verfügung dar; vielmehr ist er ein Zwischenentscheid i.S.v. Art. 237 ZPO (vgl. z.B. BGer 4A_184/2012 vom 18.9.2012 E. 1.2, Anm. unter Art. 237 Abs. 1, A. betreffend die Prozessvoraussetzung des zwingenden vorgängigen Schlichtungsverfahrens), da im Fall einer Verneinung der geprüften Voraussetzung das Verfahren mit einem Nichteintretens(End-)entscheid enden würde (s. unten N 7), was für einen Zwischenentscheid charakteristisch ist (oben N 3). Allerdings ist zu betonen, dass der Richter im Verfahren um Zulassung der Streitverkündungsklage nur das Rechtsschutzinteresse des Streitverkündungsklägers, d.h. die Konnexität seiner Forderung mit der Forderung des Hauptklägers prüft (vgl. bereits BGer 4A_467/2013 vom 23.1.2014 E. 2.1, Anm. unter Art. 82 Abs. 1-2). Es geht darum, zu entscheiden, ob diese Klage in einem einzigen, globalen Verfahren behandelt werden kann, das die gemeinsame Instruktion und Beurteilung der Hauptklage und der Streitverkündungsklage von ein und demselben Gericht mit sich bringt. Nun betreffen aber die übrigen Prozessvoraussetzungen der Streitverkündungsklage die Zulässigkeit eines solchen Gesamtverfahrens nicht spezifisch. Auch wenn diese Voraussetzungen ebenfalls erfüllt sein müssen (BGE 142 III 102 E. 3 und 6), kann davon ausgegangen werden, dass sich die Prüfung des Richters nicht auf diese Punkte bezieht und er daher nicht – endgültig – darüber entscheidet. Unter diesen Umständen erübrigte es sich aber u.E., den Zulassungsentscheid zu qualifizieren: Unabhängig davon, ob es sich um einen Zwischenentscheid oder um eine prozessleitende Verfügung handelte, genügte es, darauf hinzuweisen, dass diese(r) keine andere Prüfung der Prozessvoraussetzungen als jene des Rechtsschutzinteresses des Streitverkündungsklägers zum Gegenstand hat; folglich kann er/sie nicht für das Gericht in nicht beurteilten Punkten verbindlich sein.
6 Selbst wenn sich das BGer nicht mit dieser Frage befasst, ist es fraglich, welche Qualifikation der Zulassungsentscheid im Hinblick auf die Frage der Konnexität erhalten soll. Im Gegensatz zu den anderen Prozessvoraussetzungen ist jene durchaus Gegenstand der Prüfung des Richters. Zwar betrifft sie den Ablauf des (Haupt-)Verfahrens, d.h. die Ausdehnung dieses Verfahrens auf einen zweiten Prozess, und in diesem Sinn die Leitung des (Haupt-)Prozesses, der unabhängig von diesem Entscheid fortgesetzt wird. Allerdings betrifft sie auch die Zulässigkeit der Streitverkündungsklage, d.h. eine Frage, die sich auf das Bestehen des betreffenden (Streitverkündungs-)Verfahrens bezieht und die geeignet ist, dieses zu beenden. Aus Art. 82 Abs. 4 ZPO, in dem eine sofortige Beschwerde gegen den Entscheid über die Zulassung vorgesehen ist, lässt sich zudem ableiten, dass die Frage der Konnexität nach dem Willen des Gesetzgebers zu Beginn des Verfahrens – endgültig – erledigt werden soll. Wie dem auch sei: U.E. besteht kein wesentlicher Unterschied je nach der Qualifikation – prozessleitende Verfügung oder Zwischenentscheid –, die dem Zulassungsentscheid zuerkannt wird. Da das Gesetz eine sofortige Beschwerde einräumt, kann dieser Entscheid, sobald er in formelle Rechtskraft erwachsen ist, ohne Änderung der Umstände in Bezug auf die zugelassene Konnexität nicht frei überprüft werden. Ansonsten wäre eine reine Wiedererwägung erlaubt, die grundsätzlich und auch bei prozessleitenden Verfügungen unzulässig ist, wenn gegen diese ein selbständiges Rechtsmittel offensteht (auch BK ZPO-Frei Art. 124 N 16 i.f.; vgl. z.B. für den Entzug der unentgeltlichen Rechtspflege BGer 4D_19/2016 vom 11.4.2016 E. 4.4; BGer 5A_305/2013 vom 19.8.2013 E. 3.5, Anm. unter Art. 120). Wird umgekehrt von der Qualifikation als Zwischenentscheid nach Art. 237 ZPO ausgegangen, steht diese einer erneuten Beurteilung der Konnexität nicht entgegen, wenn der Streitgegenstand im Laufe des Verfahrens – z.B. infolge einer Änderung der Hauptklage oder einer Änderung der Rechtsbegehren in der Streitverkündungsklage – geändert wird. Da in diesem Fall über die Frage des objektiven Zusammenhangs der neuen Rechtsbegehren nicht vorher entschieden wurde, ist das Gericht in diesem Fall nicht gebunden und muss diese (von Amtes wegen, Art. 60 ZPO) prüfen und gegebenenfalls die Streitverkündungsklage für unzulässig erklären.
7 Von der Qualifikation als prozessleitende Verfügung ist jedenfalls dann nicht auszugehen, wenn die Streitverkündungsklage im Prüfungsverfahren gemäss Art. 82 ZPO für unzulässig erklärt wird. Diesfalls betrifft der Entscheid nur mittelbar den Ablauf oder die Gestaltung des Hauptverfahrens. Der vom Streitverkündungskläger eingeleitete Prozess, der vom Hauptprozess gesondert zu betrachten ist (vgl. insb. BGE 145 III 506 E. 2.3, Anm. unter Art. 82 Abs. 3 und in Newsletter 2019-N29), wird dadurch direkt beendet. Der Entscheid ist somit als Endentscheid, genauer gesagt als Teilentscheid (der einem Endentscheid gleichgestellt ist, vgl. Anm. zu Art. 236 Abs. 1 B.) zu qualifizieren, weil er das laufende Verfahren nur für den Streitberufenen beendet. Im Übrigen geht auch die Rechtsprechung von dieser Einordnung aus (vgl. Anm. unter Art. 82 Abs. 4, insb. BGE 134 III 379 E. 1.1 – in Bezug auf Art. 91 lit. b BGG – und BGer 5A_191/2013 vom 1.11.2013 E. 3.1; auch TC/FR vom 16.4.2015 [101 2014 226] E. 1b, Anm. ibid.). Diese Qualifikation bringt mit sich, dass der Entscheid, sobald er in formelle Rechtskraft erwachsen ist, materielle Rechtskraft entfaltet; diese beschränkt sich jedoch auf die entschiedene Zulässigkeitsfrage, sodass sie eine identische, aber selbständige (oder eine dem Hauptprozess folgende) Klage gegen den Streitberufenen nicht ausschliesst. Die Qualifikation als Teilentscheid (Endentscheid) hat ferner zur Folge, dass die in Art. 82 Abs. 4 ZPO vorgesehene Beschwerde (die auch im Falle der Abweisung des Zulassungsgesuchs offensteht, vgl. zit. BGer 5A_191/2013) innert 30 Tagen – und nicht nur innert zehn Tagen, wenn es sich beim angefochtenen Entscheid um einen prozessleitende Verfügung handelt – eingereicht werden kann (Art. 321 Abs. 1 und 2 ZPO; im gleichen Sinne auch zit. TC/FR).
8 Ohne das Erfordernis bezifferter Rechtsbegehren zu bestreiten (vgl. BGE 142 III 102 E. 3, 5 und 6, Anm. unter Art. 82 Abs. 1 und 2), versuchte der Beschwerdeführer auch vergeblich vorzubringen, dass es im Stadium der Berufung zu spät sei, seine unbezifferte Klage für unzulässig zu erklären. Er stellte jedoch nicht die Gutgläubigkeit des Beklagten in Frage, der diesen Einwand erst im Berufungsverfahren erhob – was Fragen hätte aufwerfen können, wobei das BGer in diesem Zusammenhang seine Rechtsprechung zur Reaktionspflicht in Erinnerung ruft, die eine verspätete Reaktion verbietet (BGer 5A_75/2018 vom 18. 12.2018 E. 2.3, Anm. unter Art. 52, B.a.; s. auch BGer 5A_347/2018 vom 26.10.2018 E. 3.2 und 3.2.4, Anm. unter Art. 60, A.a., in Bezug auf die Einwendung der Ungültigkeit einer Klagebewilligung im Stadium der Schlussvorträge). Er beanstandete nur das Vorgehen des Berufungsgerichts. Diesbezüglich betont das BGer zu Recht, dass eine Prozessvoraussetzung von Amtes wegen zu prüfen ist (Art. 60 ZPO), zumal im vorliegenden Fall das Berufungsgericht die erste Instanz ist, die über die Streitverkündungsklage entschieden hat. Zudem hält es fest, dass sich der Streitverkündungskläger nicht auf den Schutz seines Vertrauens berufen kann, da der Zulassungsentscheid in Bezug auf die Zulässigkeit der Streitverkündungsklage weder das erstinstanzliche Gericht noch das Berufungsgericht bindet; auch der Umstand, dass der erstinstanzliche Richter einen Schriftenwechsel angeordnet und Beweise erhoben hat, reicht nicht aus, um eine Vertrauenslage in Bezug auf das Erfordernis bezifferter Rechtsbegehren zugunsten des Streitverkündungsklägers zu schaffen.
9 Im vorliegenden Fall bedeutet das im Stadium des Berufungsentscheids entschiedene Nichteintreten auf die Streitverkündungsklage, dass das Streitverkündungsverfahren, das im Jahr 2011 eingeleitet worden war, vergeblich geführt wurde. Da der Nichteintretensentscheid nur in Bezug auf die entschiedene Zulässigkeitsfrage in materielle Rechtskraft erwächst, kann der Streitverkündungskläger – der in der Hauptsache unterlegen ist, vgl. E. 2 und 3 des Urteils – seine Klage gegen den Streitberufenen in einem selbständigen Verfahren durchaus erneut einreichen und diesmal bezifferte Rechtsbegehren stellen – es sei denn, seine Anspruch unterläge einer Verwirkungsfrist, die inzwischen verstrichen ist. Er wird jedoch die Kosten des Streitverkündungsverfahrens zu tragen haben. Zudem können im neuen Verfahren der im Hauptverfahren ergangene Entscheid und die im früheren Verfahren erhobenen Beweise dem Beklagten nicht entgegengehalten werden, sofern er im Hauptverfahren nicht Partei war (vgl. BGE 142 III 271 E. 1.1, Anm. unter Art. 81 Abs. 1). Daraus folgt, dass dem Streitverkündungskläger zwar zu empfehlen ist, seine Rechtsbegehren grundsätzlich von vornherein zu beziffern, auch wenn er noch nicht genau weiss, in welcher Höhe er im Hauptverfahren zur Zahlung verpflichtet wird (zu Fällen, in denen diese Rechtsbegehren nicht beziffert werden müssen, vgl. BGE 142 III 102 E. 3.1-3.2, Anm. unter Art. 82 Abs. 1 und 2). Er läuft aber selbst in diesem Fall immer noch Gefahr, die Kosten des Streitverkündungsverfahrens tragen zu müssen, wenn die Hauptklage abgewiesen wird (BGE 143 III 106 E. 5.3, Anm. unter Art. 82 Abs. 3). Unter diesen Umständen erscheint es vorsichtiger, sich mit einer einfachen Streitverkündung i.S.v. Art. 78 ff. ZPO zu begnügen. Zwar gehen die Vorteile eines Gesamtverfahrens verloren, zumindest dann, wenn die streitberufene Person nicht auf die Streitverkündung reagiert (vgl. Art. 79 ZPO), aber der im Hauptverfahren ergangene Entscheid kann dem Streitberufenen grundsätzlich entgegengehalten werden, unabhängig davon, wie er auf die Streitverkündung reagiert hat (Art. 80 i.V.m. Art. 77 ZPO), und es können erhebliche Kostenrisiken vermieden werden.
Zitationsvorschlag:
F. Bastons Bulletti in newsletter ZPO Online 2020-21, Rz…