Fernbleiben einer Partei von der Verhandlung: Rechtsfolge und Abhilfen

BGer 4A_289/2021 vom 16.7.2021 E. 5.1 und 5.2

Art. 206 Abs. 1, Art. 148 - ANFECHTUNG DER KÜNDIGUNG UND KLAGE AUF MIETZINSREDUKTION – VORLADUNG DER PARTEIEN ZU ZWEI AUFEINANDERFOLGENDEN SCHLICHTUNGSVERHANDLUNGEN – 15 MINUTEN NACH DER FÜR DIE ERSTE SCHLICHTUNGSVERHANDLUNG ANGESETZTEN ANFANGSZEIT AUFGRUND DER SÄUMNIS DES KLÄGERS ABSGECHRIEBENES ANFECHTUNGSVERFAHREN – WIEDERHERSTELLUNGSGESUCH

Versehen, Vergesslichkeit und ähnliche Gründen vermögen, allenfalls unter Vorbehalt von alters- oder krankheitsbedingten Ausnahmen, keine Wiederherstellung zu begründen. (E. 5.2) Vorliegend wurde dem Beschwerdeführer von der Schlichtungsbehörde – in zwei ordnungsgemäss zugestellten separaten Vorladungen – klar kommuniziert, dass sowohl um 09:00 Uhr als auch um 09:30 Uhr eine Schlichtungsverhandlung stattfindet. Inwiefern unter diesen Umständen beim Beschwerdeführer ein Irrtum bezüglich der Anfangszeiten dieser Schlichtungsverhandlungen hätte bestehen können, ist nicht dargelegt. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, inwiefern das spätere Erscheinen des Beschwerdeführers um 09:20 Uhr auf einem fehlenden oder leichten Verschulden beruhte. Das verspätete Erscheinen des Beschwerdeführers erscheint als leichtfertig. Ein Grund für eine Wiederherstellung im Sinne von Art. 148 ZPO ist unter diesen Umständen nicht gegeben. (E. 7.2) Die Wiederherstellung kommt nur dann in Frage, wenn Säumnis besteht. Im Wiederherstellungsverfahren ist daher die Frage, ob der Gesuchsteller säumig war, nicht mehr Thema, sondern wird vorausgesetzt. Das angeblich mangelnde Säumnis ist im Rechtsmittelverfahren gegen die Abschreibungsverfügung geltend zu machen. Es wäre mithin in einem diesbezüglichen Rechtsmittelverfahren vorzubringen gewesen, dass die Voraussetzungen des Säumnisentscheides nach Art. 206 Abs. 1 ZPO nicht erfüllt gewesen seien und das Schlichtungsverfahren mangels Säumnis nicht als gegenstandslos hätte abgeschrieben werden dürfen. Soweit im Wiederherstellungsverfahren der Säumnisentscheid in Frage gestellt wird, ist darauf nicht einzutreten.

2021-N18 Fernbleiben einer Partei von der Verhandlung: Rechtsfolge und Abhilfen
Bem. F. Bastons Bulletti

1 Nach Art. 147 ZPO betreffend Säumnis und Säumnisfolgen ist eine Partei säumig, wenn sie zu einem Termin nicht erscheint. Nach der Rechtsprechung setzt Säumnis voraus, dass die Partei zu einer Verhandlung, zu der sie gehörig geladen wurde, nicht erschienen ist oder sich nicht gehörig vertreten liess (BGer 4C_1/2013 vom 25.6.2013 E. 4, Anm. unter Art. 147 Abs. 1).

2 Die Rechtsfolge einer Säumnis ist grundsätzlich die Verwirkung: Das Verfahren wird ohne die versäumte Handlung weitergeführt (Art. 147 Abs. 2 ZPO), d.h. die säumige Partei ist grundsätzlich von der versäumten Prozesshandlung ausgeschlossen, ohne dass ihr zunächst Gelegenheit eingeräumt würde, diese nachzuholen (BGE 146 III 297 E. 2.3, Anm. unter Art. 147 Abs. 2); diese Regel gilt z.B. für ein Fernbleiben von der Instruktionsverhandlung (Art. 226 ZPO). Gegenteilige Gesetzbestimmungen sind jedoch vorbehalten (Art. 147 Abs. 2 i.f. ZPO). So folgt aus dem Nichterscheinen des Klägers oder beider Parteien an der Schlichtungsverhandlung sowie aus dem Nichterscheinen beider Parteien an der Hauptverhandlung die Abschreibung des Verfahrens (Art. 206 Abs. 1 und 3 ZPO; Art. 234 Abs. 2 ZPO), während das Nichterscheinen des Beklagten an der Schlichtungsverhandlung die Erteilung der Klagebewilligung nach sich zieht (Art. 206 Abs. 2 ZPO). Erscheint eine Partei nicht zur Hauptverhandlung, so legt das Gericht seinem Säumnisentscheid die Akten, die Vorbringen der anwesenden Partei und gegebenenfalls die von Amtes wegen gemäss Art. 153 ZPO erhobenen Beweise zu Grunde (Art. 234 Abs. 1 ZPO). Mit Blick auf diese Rechtsfolgen kann es für die betroffene Partei von Bedeutung sein, die Säumnis zu beseitigen und/oder ihr Bestehen zu bestreiten.

3 Aus Art. 148 Abs. 3 ZPO ergibt sich, dass die Wiederherstellung bei Nichterscheinen bei der Verhandlung jedenfalls verlangt werden kann, wenn in der Folge ein Säumnisurteil ergangen ist (vgl. auch Botschaft, 7309). Da Art. 148 ZPO nicht nach der Art der Verhandlung oder den Rechtsfolgen der Säumnis unterscheidet, kann die Wiederherstellung u.E. auch verlangt werden, sobald der Gesuchsteller ein ausreichendes Interesse daran hat. So kann sie verlangt werden, wenn das Nichterscheinen zur Verhandlung nur die Verwirkung oder sogar die Erteilung einer Klagebewilligung nach sich gezogen hat. Gleiches gilt, wenn dieses Nichterscheinen zur Abschreibung des Verfahrens geführt hat (Art. 206 Abs. 1 oder Abs. 3, Art. 234 Abs. 2 ZPO). Da diese Abschreibung keine materielle Rechtskraft entfaltet (zit. BGer 4C_1/2013, Anm. unter Art. 206 Abs. 1 und 3, 2.; Botschaft ZPO, 7342), kann der Gesuchsteller zwar ein neues Schlichtungsgesuch (oder eine neue Klage, wenn das Verfahren gemäss Art. 234 Abs. 2 ZPO abgeschrieben wurde) einreichen, sodass das Interesse an der Wiederherstellung nicht ohne weiteres naheliegt. Wurde jedoch durch die Einreichung des Schlichtungsgesuchs oder der Klage eine materiellrechtliche Verwirkungsfrist gewahrt, so kann diese Frist im Zeitpunkt der Beendigung der Rechtshängigkeit bereits abgelaufen sein; diesfalls führt die Abschreibung des Verfahrens indirekt zum Verlust des materiellen Rechts (zu diesen Fragen vgl. Newsletter 2021-N4, Nr. 2 und 3). Zumindest in diesen Fällen kann die Wiederherstellung der Säumnis bei der Schlichtungsverhandlung verlangt werden (vgl. Anm. unter Art. 206 Abs. 1 und 3, insb. BGer 4C_1/2013 vom 25.6.2013 E. 4.3 und BGE 139 III 478 E. 3). U.E. kann diese Wiederherstellung auch dann verlangt werden, wenn die säumige Partei nicht Gefahr läuft, ein Recht zu verlieren; insb. kann sie ein Interesse an der Beibehaltung des Gerichtsstandes haben, der bei der Begründung der mit der Abschreibung beendeten Rechtshängigkeit festgelegt wurde (vgl. Art. 64 Abs. 1 lit. b ZPO; gl. M.: P. Dietschy Martenet, La restitution de délai dans le Code de procédure civile suisse, ZSR 2015 I 149 ff., A.II.).

4 Hingegen kann eine allfällige Abweisung des Wiederherstellungsgesuchs nur dann mit einem selbständigen Rechtsmittel angefochten werden, wenn diese Abweisung den definitiven Verlust der Klage, insb. durch Verwirkung des materiellen Rechts, mit sich bringt (BGE 139 III 478 E. 4–7, Anm. unter Art. 149, B.). Dies ist nicht der Fall, wenn das Verfahren noch weitergehen soll. Diesfalls ist die Verweigerung der Wiederherstellung mit dem gegen den Endentscheid offenstehenden Rechtsmittel anfechtbar. U.E. rechtfertigt es sich hingegen, ein selbständiges Rechtsmittel dann zuzulassen – auch wenn hier nicht wirklich von einem definitiven Verlust der Klage gesprochen werden kann –, wenn mit der Verweigerung der Wiederherstellung das Ende des Verfahrens bestätigt wird; dies ist der Fall, wenn die Säumnis zur Abschreibung des Verfahrens – auch ohne Verlust des Klagerechts – geführt hat: Da das Hauptverfahren beendet ist, fällt das Beschleunigungsgebot, welches es rechtfertigt, das Wiederherstellungsverfahren nicht unnötig zu verlängern, nicht mehr in Betracht.

5 Die Wiederherstellung setzt u.a. voraus, dass den Gesuchsteller kein oder nur ein leichtes Verschulden trifft (Art. 148 Abs. 1 ZPO). Wie das BGer im vorliegenden Urteil zeigt (E. 5 des Urteils; vgl. auch Anm. unter Art. 148 Abs. 1, C.a.), wird das Verschulden in der Regel streng beurteilt: Fehler oder Versehen, auch von unerfahrenen Parteien, reichen für sich allein genommen nicht aus, um ein leichtes Verschulden anzunehmen. Das BGer (das Ermessensfragen freilich nur zurückhaltend überprüft, vgl. E. 4 des Urteils) ging deshalb davon aus, jede Prozesspartei könne und müsse zwei Vorladungen, deren Zeiten sich deutlich unterscheiden, sorgfältig lesen und verstehen, selbst wenn sie von derselben Behörde stammen, gleichzeitig eingehen und dieselben Parteien betreffen, wenn auch in zwei verschiedenen Angelegenheiten. Im vorliegenden Fall durfte der Beschwerdeführer daher nicht mit einer Wiederherstellung aufgrund eines nur leichten Verschuldens rechnen, indem er behauptete, er hätte aus Unerfahrenheit nicht bemerkt, dass zwei aufeinanderfolgende Termine angesetzt waren. Der Umstand, dass er damit seinen Anspruch auf Anfechtung der Kündigung durch den Ablauf der kurzen Verwirkungsfrist gemäss Art. 271 OR verlor, konnte bei der Beurteilung seines Verschuldens berücksichtigt werden (vgl. TC/VD vom 14.4.2014 [Sequestre/2014/3], Anm. unter Art. 148 Abs. 1, C.), wirkte sich aber in casu nicht zu Gunsten des Gesuchstellers aus, da die kantonalen Richter feststellten, dass die Bedeutung der Sache ihn zu erhöhter Wachsamkeit zwang (E. 6.2 des Urteils).

6 Der Beschwerdeführer hat auch erfolglos versucht, im Rahmen des Wiederherstellungsverfahrens die Feststellung der Säumnis selbst anzufechten, die seiner Ansicht nach überspitzt formalistisch war (vgl. E. 7 des Urteils). Das BGer konnte somit die Abgrenzung zwischen der Wiederherstellung einerseits und der Bestreitung der Säumnis andererseits klären. Die Wiederherstellung setzt voraus, dass die Säumnis feststeht, d.h. diese nicht oder nicht mehr bestritten wird. Will der Kläger die Säumnis an sich bestreiten, sollte er nicht den Weg der Wiederherstellung wählen, sondern ein Rechtsmittel gegen den nach der Säumnis in der Verhandlung ergangenen Entscheid einreichen. Je nach den konkreten Umständen handelt es sich dabei um den Entscheid, der später ergehen wird (z. B. im Fall des Fernbleibens von einer Instruktionsverhandlung), den Säumnisentscheid (bei Nichterscheinen einer Partei zur Hauptverhandlung, Art. 234 Abs. 1 ZPO) oder die Abschreibung des Verfahrens (in den Fällen von Art. 206 Abs. 1 oder 3 oder Art. 234 Abs. 2 ZPO).

7 Bei der Abschreibung des Verfahrens steht jedoch nicht immer ein Rechtsmittel offen: Erfolgt diese Abschreibung nach dem Nichterscheinen zur Schlichtungsverhandlung, handelt es sich nach der Rechtsprechung um eine besondere Art einer prozessleitender Verfügung, die mit Beschwerde (innert zehn Tagen nach Zustellung der schriftlich begründeten Verfügung, vgl. Art. 321 Abs. 2 ZPO) angefochten werden kann, sofern durch sie ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht (Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO). Dies ist dann der Fall, wenn sie zum Verlust des geltend gemachten materiellrechtlichen Anspruchs aufgrund des Ablaufs einer Verwirkungsfrist führt; in den anderen Fällen kann der Kläger hingegen nur ein neues Schlichtungsgesuch einreichen (vgl. Anm. unter Art. 206 Abs. 1 und 3, 3., insb. BGer 4A_131/2013 vom 3.9.2013 E. 2.2.2.2). U.E. ist dieser Ansatz fragwürdig: Da die Abschreibung des Verfahrens wegen Gegenstandslosigkeit erfolgt (vgl. Art. 206 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO), beendet sie das Verfahren ebenso wie eine Abschreibung gemäss Art. 242 ZPO; sie stellt daher ebenso wie letztere einen Endentscheid dar, der je nach Streitwert mit Berufung oder Beschwerde angefochten werden kann (vgl. Anm. unter Art. 242, B.2; gl. M., im Rahmen von Art. 206 Abs. 1 ZPO: BGer 4A_137/2013 vom 7.11.2013 E. 7.2–7.3; OGer/ZH vom 7.6.2017 (RU170026) E. 3a, vgl. Anm. unter Art. 206 Abs. 1 und 3, 3. ; auch TC/VD CACI vom 6.1.2020/3 E. 1.2, JdT 2020 III 194). U.E. wird bereits durch das allgemeine Erfordernis eines Rechtsschutzinteresses am Rechtsmittel (Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO) hinreichend sichergestellt, dass die Säumnis nur dann bestritten wird, wenn der Kläger ein praktisches und aktuelles Interesse daran hat, ohne dass zusätzlich die Drohung eines nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteils verlangt werden muss.

8 Da die Abschreibung des Verfahrens oder der Säumnisentscheid somit anfechtbar sind, ist das Vorliegen einer Säumnis im Rahmen des gegen diese Abschreibung oder diesen Entscheid gerichteten Rechtsmittelverfahrens zu bestreiten. Da die Säumnis das Nichterscheinen der Partei, die Ungültigkeit ihrer allfälligen Vertretung und die Rechtmässigkeit der Vorladung voraussetzt (vgl. oben N 1), kann der als säumig erklärte Rechtsmittelführer jedes dieser Elemente anfechten. So kann er etwa das Nichterscheinen bestreiten, wenn die Säumnis zu früh nach Beginn der Verhandlung festgestellt wurde: Mit Blick auf die Folgen einer Säumnis gebieten das Verbot des überspitzten Formalismus und der Grundsatz der Verhältnismässigkeit dem Richter in der Regel, eine Verspätung von bis zu 15 Minuten zu dulden (siehe Anm. unter Art. 234, B.). Der Rechtsmittelführer kann auch bestreiten, dass er in der Verhandlung nicht gültig vertreten war (zur gesetzlichen Vertretung von juristischen Personen oder Kindern im Schlichtungsverfahren vgl. Anm. unter Art. 204 Abs. 1, A.; zur vertraglichen Vertretung vgl. Anm. unter Art. 68; zur Pflicht zum und Befreiung vom persönlichen Erscheinen zur Schlichtungsverhandlung vgl. Anm. unter Art. 204 Abs. 3). Er kann sich auch auf die Mangelhaftigkeit der Vorladung selbst berufen (vgl. Art. 133 f. ZPO), insb. auf das Fehlen des Hinweises auf die Säumnisfolgen (zumindest sofern er diese Folgen nicht kannte und vernünftigerweise nicht kennen konnte, vgl. Anm. unter Art. 147 Abs. 3, insb. BGer 4A_381/2018 vom 7.6.2019 E. 2.2 und 2.4, Newsletter 2019-N20) oder auf die Nichteinhaltung der Vorladungsfrist (Art. 134 ZPO) und/oder schliesslich einen Mangel bei der Zustellung der Vorladung geltend machen (vgl. Art. 136 ff. ZPO).

9 Diese Bestreitung kann auch dann erfolgen, wenn die Rechtsmittelfrist im Zeitpunkt, in dem die Partei von der angeblichen Säumnis und ihren Rechtsfolgen Kenntnis erlangt, abgelaufen ist. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn diese Partei nicht nur nicht rechtskonform zur Verhandlung vorgeladen wurde, sondern ihr auch das Säumnisurteil oder der Abschreibungsbeschluss nicht rechtskonform zugestellt wurde, sodass sie erst viel später davon Kenntnis erlangte (z.B. hat das Gericht eine Zustellungsfiktion nach Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO als gültig erachtet, obwohl die Partei nicht mit einer Zustellung rechnen musste und von der Abholungseinladung keine Kenntnis hatte; z.B. wurden Vorladung und Entscheid zu Unrecht durch öffentliche Bekanntmachung zugestellt, vgl. Art. 141 ZPO). In solchen Fällen sollte sich der Kläger davor hüten, (nur) die Wiederherstellung zu verlangen, da er in diesem Rahmen diese Mängel nicht geltend machen kann (oben N 6; vgl. auch BGE 142 IV 201 E. 2.4–2.5, Anm. unter Art. 148 Abs. 1, A.; vgl. jedoch BGer 4A_21/2021 vom 25.5.2021 E. 6: Als Vorfrage im Wiederherstellungsverfahren geprüfte (und bestätigte) Rechtsmässigkeit der Zustellung des Urteils). Vielmehr steht ihm der Rechtsmittelweg, der diese Geltendmachung ermöglicht, weiterhin zur Verfügung. Denn er darf durch die mangelhafte Zustellung keinen Nachteil erleiden, sodass die Zustellung bis zum Tag, an dem er vom Entscheid Kenntnis erlangt hat oder mit zumutbarer Sorgfalt hätte erlangen können, nicht als wirksam gilt und folglich die Rechtsmittelfrist nicht zu laufen begonnen hat (vgl. im Einzelnen Newsletter 2021-N13, Nr. 5b; auch zit. BGer 4A_21/2021 E. 6.2). Wird ein Rechtsmittel eingelegt und der Mangel nachgewiesen, so führt dies in der Regel zur Aufhebung des infolge des Nichterscheinens zur Verhandlung ergangenen Säumnisentscheids, der auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht, und zur Rückweisung der Sache an der Vorinstanz (zu diesen Fragen vgl. Anm. unter Art. 53 Abs. 1, E.).

10 Schliesslich behält die Partei, auch wenn sie nach Kenntnisnahme des mangelhaften Entscheids dessen Aufhebung nicht innert der Rechtsmittelfrist beantragt hat, jedenfalls die Möglichkeit, die Nichtigkeit des auf die Säumnis folgenden Entscheids feststellen zu lassen. Dies ist insb. dann der Fall, wenn die Partei keine Kenntnis vom Verfahren hatte und nicht daran teilnehmen konnte (vgl. Newsletter 2021-N13, Nr. 5c, und BGer 4A_646/2020 vom 12.4.2021 [offensichtlich unbegründete Ediktalzustellung]; vgl. auch KGer/BL vom 15.7. 2014 (400 14 83) E. 4.3–4.4, Anm. unter Art. 133: Feststellung der Nichtigkeit eines nach einer Verhandlung ergangenen Säumnisurteils, zu der nur der Beklagte, nicht aber sein Rechtsvertreter vorgeladen worden war; auch BGer 4A_224/2017 vom 27.6.2017 E. 2.3.2 und E. 2.4.2, Anm. unter Art. 134: ein Entscheid könnte nichtig sein, wenn der Beklagte mangels Hinweis auf die Säumnisfolgen irregeführt wurde). Da die Nichtigkeit jederzeit geltend gemacht oder sogar von Amtes wegen von jeder Behörde berücksichtigt werden kann, kann er die Feststellung der Nichtigkeit durch eine gesonderte Klage verlangen oder diese im Vollstreckungsverfahren einwenden.

11 Daher tut der Kläger (oder sein Rechtsvertreter) gut daran, sobald er von seiner Säumnis bei der Verhandlung Kenntnis erlangt, in erster Linie zu prüfen, ob die Voraussetzungen für diese Säumnis erfüllt waren. Ist dies seiner Ansicht nach nicht der Fall, ist er gut beraten, gleichzeitig ein gegen das Säumnisurteil gerichtetes Rechtsmittel und ein Wiederherstellungsgesuch für den Fall der Abweisung dieses Rechtsmittels einzureichen und zu beantragen, die Prüfung des Gesuchs bis zum Entscheid über das Rechtsmittel zu sistieren, da dessen Gutheissung das Gesuch gegenstandslos werden lassen würde (vgl. auch zit. BGE 142 IV, Anm. unter Art. 148 Abs. 1, A.). Sich darauf zu beschränken, die Wiederherstellung zu verlangen, läuft darauf hinaus, sich der Möglichkeit der Bestreitung der Säumnis zu berauben; damit sollte diese Vorgehensweise den Fällen vorbehalten bleiben, in denen die Säumnis unbestreitbar vorliegt.

Zitationsvorschlag:
F. Bastons Bulletti in Newsletter ZPO Online 2021-N18, Rz…

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